Erinnern, Gedenken, Aufarbeiten

Zeitzeugen - Betroffene erzählen ihr Schicksal,
Schriftsteller beleuchten Lager und Schicksale,
Zeitzeugen finden künstlerische Ausdrucksweisen.

Betroffene erzählen ihr Schicksal

Demütigungen, Höllenqualen und Todesängste, die Deportation, Internierung, Zwangsarbeit und lange Zeit im Lager sind existentiell prägende Lebenserfahrungen, die sich tief in das menschliche Bewusstsein eingegraben und bei den meisten Betroffenen schwere gesundheitliche Folgen und massive Traumata hinterlassen haben.

Die Erinnerungen an diesem Lebensabschnitt werden entweder ein Leben lang verdrängt oder erst mit größerem Abstand erinnert und erzählt. Sie dominieren die Schicksale, die Familiengeschichte und prägen auch die nachgeborene Generation.

Zeitzeugen und Betroffene haben ihre persönlichen Erlebnisse aufgeschrieben; für die Familie, für die Gruppe oder Landsmannschaft, als eine Form der persönlichen Verarbeitung oder für das generationsübergreifende Erinnern.

Gerhard Gruschka (geb. 1931) war 14 Jahre alt, als er Anfang 1945 vom sowjetischen Geheimdienst in seiner Heimatstadt Gleiwitz in Oberschlesien verhaftet und nach zwei Wochen unter dem Vorwand, er sei Mitglied der Hitlerjugend gewesen, dem polnischen Geheimdienst übergeben wurde. Gruschka hatte guten Gewissens die Ankunft der Roten Armee und der polnischen Sicherheitsorgane erwartet, da er aus einem katholischen und sozialdemokratischen Elternhaus stammte und unehrenhaft aus dem Deutschen Jungvolk entlassen worden war. Dennoch wurde er in das Lager Zgoda eingeliefert, wo er ein Jahr lang die Hölle auf Erden erlebte. Nach einem Jahr gelang es Gruschkas Eltern mit Hilfe eines polnischen Anwalts, dass ihr Sohn entlassen wurde. Seine Erinnerungen hat er 1997 in dem Buch „Zgoda. Ein Ort des Schreckens. Als Vierzehnjähriger in einem polnischen Nachkriegskonzentrationslager“ veröffentlicht.

Peter Glotz (1939-2005), Politikwissenschaftler, Publizist und führender SPD-Politiker hat in seinem Buch „Die Vertreibung. Böhmen als Lehrstück“ das schwierige Verhältnis von Deutschen und Tschechen seit 1848 über die NS-Zeit bis hin zur Vertreibung beschrieben. Glotz, selbst aus Eger mit seiner Mutter vertrieben, thematisiert auch Lager, in denen zunächst Juden und Tschechen, später dann Deutsche inhaftiert wurden.  

Der Russlanddeutsche Gerhard Wolter (1923-1998) wurde in der Ukraine geboren, und zusammen mit seinen Eltern 1941 nach Kasachstan deportiert. Von 1942 bis 1946 war er Zwangsarbeiter im GULag, danach stand er unter Kommandantur. Er studierte Geschichte und Philosophie, war Lehrer und verfasste mehrere Bücher. 1996 kam er nach Deutschland. In seinem Buch „Die Zone der totalen Ruhe“ thematisiert er das leidvolle Schicksal der Russlanddeutschen, beschreibt seine Zeit im GULag und lässt seine Mitgefangenen über ihre Erlebnisse und Gefühle sprechen.

Roland Bude (geb. 1926) hat seine Erinnerungen aus der Zeit in Workuta in dem Buch „Workuta – Strafe für politische Opposition in der SBZ/DDR“ niedergeschrieben. Bude war zu 25 Jahren Besserungsarbeitslager verurteilt worden, weil er zu Studenten in Westberlin Kontakte hatte. Die DDR-Organe überstellten ihn sowjetischen Behörden. Ein sowjetisches Militärtribunal in Schwerin verurteilte ihn am 31. Oktober 1950 zu 25 Jahren in einem „Besserungsarbeitslager“. Bude war von 1951 bis 1955 in Workuta.

Leni Heilmann-Märzweiler wurde 1933 als Donauschwäbin in Hodschag, Jugoslawien geboren. 1945–1947 erlebte und überlebte sie zusammen mit ihrer Großmutter die Zeit in den Lagern Filipowo, Hodschag, Gakovo und Kruschiwl, bis ihnen 1947 die Flucht nach Deutschland gelang. 1980 begann sie mit der Schriftstellerei, um ihre Kindheitserlebnisse aufzuarbeiten und zu dokumentieren, so in dem Buch „Verlorene Kindheit“. 2011 erschien ihr Buch: „Nachts, wenn die Erinnerungen kommen. Gedichte und Geschichte(n).“ Den Überlebenskampf in den Vernichtungslagern stellt Heilmann-Märzweiler nicht verbittert und anklagend dar, sondern getragen von dem Gedanken der Versöhnung und des Vergebens.

Die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann äußert sich in einem Interview über Unterschiede im Erinnern und der Bedeutung eines Narrativs

"Frau Assmann, Ihre Expertise ist das Erinnern. Kann man Erinnern lernen? ‚Das bezweifle ich. Ich glaube, die Fähigkeit zur Erinnerung ist ganz tief in die Persönlichkeit eingelassen. Jemand erinnert das, was er für merkwürdig hält, und das heißt: für wert hält, gemerkt zu werden. Da muss etwas herausfallen aus der gewöhnlichen Ordnung, einen Grad von Seltsamkeit, Einmaligkeit haben. Ob man einen Sinn für diese Merkwürdigkeiten hat oder nicht, das ist die entscheidende Frage. Bei manchen bleibt jede Erinnerung blass, andere können Erlebtes mit einer Lebendigkeit hervorholen, dass nach 60 Jahren richtige Szenen mit Dialogen herauskommen. Dazu gehört erstens ein sehr gutes Gedächtnis und zweitens eine Art von Aufmerksamkeit, die eben viel mit Staunen und Überraschung zu tun hat. Dafür sind nicht alle Menschen gleich empfänglich.‘ (...)
Bedeutet das, dass auch das kollektive, das kulturelle Gedächtnis nur das Erinnern eines Teilkollektivs bewahrt?
‚Das ist eine richtig schwierige, aber sehr wichtige Frage, weil das kollektive Gedächtnis zunächst aus vielen Einzelerinnerungen besteht. Damit sich auf der Kollektivebene ein neues Format aufbauen kann, braucht man ein Narrativ. Das Narrativ, eine Erzählung, die zugleich eine Deutung der Ereignisse anbietet, ist eine großartige menschliche Leistung: Wir können in ihr viele Einzelinformationen und Geschichten effizient speichern und memorieren, die kausal und chronologisch ineinandergreifen.‘"

Quelle: Interview mit Aleida Assmann, Göttinger Tageblatt, 5.10.2018
www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Kann-Erinnern-Frieden-schaffen-Interview-mit-Aleida-Assmann-Friedenspreis-des-Deutschen-Buchhandels

Der Arzt Joseph Scholmer (1919-1995) wurde 1949 in Ost-Berlin wegen seiner Opposition zum Stalinismus verhaftet. Er wurde so lange verhört und gefoltert, bis er Taten gestand, die er nie begangen hatte. Daraufhin wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt und gelangte in das sowjetische Lager Workuta.
1954 wurde er im Zuge einer Amnestie für ausländische Internierte entlassen. Unter dem Titel „Die Toten kehren zurück“ erschienen 1954 seine Erinnerungen. Von 1954 bis 1959 war er mit der Workuta-Überlebenden Ursula Rumin verheiratet.

Der Sohn des Workuta-Überlebenen Johannes Krikowski (1930-2007), Stefan Krikowski, stellt seit Jahren zusammen mit den Überlebenden und deren Nachkommen unter www.workuta.de ein Informationsportal zu Schicksalen von Deutschen in Workuta zur Verfügung. Die gesammelten Biografien und Dokumente berichten über die Leidensgeschichte der unzähligen Opfer dieses Kapitels der Nachkriegsgeschichte. Von der Verhaftung, über Verhöre und Urteile bis zur Verbüßung und Vollstreckung der verhängten Strafen berichten die Betroffen oder ihre Nachkommen ihren persönlichen Schicksalen und stellen die entsprechenden Unrechtsdokumente und Bilder ins Internet. Sie sind Zeugen des Unrechts, welches ihnen von der sowjetische Militärjustiz mit Hilfe des DDR-Regimes angetan wurde.

Nach der Vertreibung aus Schlesien ließ sich Ursula Rumin (1923-2017) als Journalistin und Drehbuchautorin in Berlin nieder. Dort geriet sie in das Visier der sowjetischen Geheimdienste. Sie wurde 1952 wegen angeblicher Spionage zu 15 Jahren Lagerhaft in Workuta verurteilt. 1954 gelangte sie zurück nach Deutschland. Im selben Jahr heiratete sie den Arzt und Workuta-Überlebenden Joseph Scholmer, von dem sie sich 1959 wieder scheiden ließ. 2003 besuchte sie ihr ehemaliges Lager Workuta mit einem Filmteam. Ihre Erinnerungen an Workuta veröffentlichte sie 2005 unter dem Buchtitel „Im Frauen-GULag am Eismeer“.

Schriftsteller beleuchten Lager und Schicksale

Nach dem Ende des Kommunismus im östlichen Europa beschäftigten sich verschiedene Publizisten, Schriftsteller und Filmemacher verstärkt mit der Lagerhaft und der Zwangsarbeit beschäftigt. Sie schrieben über ihre persönlichen Erfahrungen oder verbanden zeithistorische Darstellung mit Zeitzeugenbefragung.

Der russische Schriftsteller und Dissident Warlam Tichonowitsch Schalamow (1907-1982) hielt seine 17-jährige Lagerhaft in „Erzählungen aus Kolyma“ fest. Das in die Bundesrepublik geschmuggelte Manuskript erschien hier und in Frankreich 1971, eine Auswahl seiner Erzählungen über den „Kältepol der Grausamkeit“.

Der russische Schriftsteller und Dissident Alexander Solschenizyn (1918-2008) machte als Erster durch sein Werk den GULag in der Sowjetunion und in der westlichen Welt bekannt. Wegen Kritik an Stalin wurde er 1945 zu acht Jahren Zwangsarbeit verurteilt. 1953 wurde er entlassen. Er lebte bis zu seiner Rehabilitation 1957 in der Verbannung in Kasachstan. Nach dem Sturz Nikita Chruschtschows (1964) wurde die Arbeit Solschenizyns zunehmend erschwert. Er durfte kaum mehr publizieren, wurde aus dem sowjetischen Schriftstellerverband ausgeschlossen und 1974 ins Ausland abgeschoben.
Von 1974 bis 1994 lebte er im Exil in Deutschland, der Schweiz und den USA, danach wieder in Moskau. Seine wichtigsten Werke sind „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ (1962) und „Der Archipel GULag“ (1973). Das erstgenannte Buch erschien in der Moskauer Zeitung „Nowy Mir“. Darin behandelt er den grausamen Alltag eines Häftlings im Lager, wobei er eigene Erfahrungen verarbeitete. „Der Archipel GULag“ gilt bis heute als die bedeutsamste Kritik am Stalinismus und als eines der einflussreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts. 1970 erhielt Solschenizyn dafür den Literaturnobelpreis.

Der russische Schriftsteller und Bürgerrechtler Lew Kopelew (1912-1997) war als junger Soldat Zeuge von Gräueltaten der Roten Armee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Als er gegenüber seinen Vorgesetzten dagegen aufbegehrte, wurde er 1945 wegen „Untergrabung der politisch-moralischen Haltung der Truppe“ zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Im GULag lernte er Alexander Solschenizyn kennen. 1954, ein Jahr nach Stalins Tod, erlangte er die Freiheit und konnte in Moskau als Schriftsteller und Germanist arbeiten und publizieren. In den kommenden Jahrzehnten geriet er jedoch wieder in zunehmende Opposition zur sowjetischen Führung, weil er sich für die Bürgerrechtler Solschenizyn und Andrej Sacharow eingesetzt hatte. 1981 wurden er und seine Frau ausgebürgert. Sie lebten in Köln, wo Kopelews Freund Heinrich Böll wohnte und sie gemeinsam einige Werke erschafften. In seinem literarischen Werk setzte sich Kopelew auch mit dem sowjetischen GULag auseinander.

"All jenen gewidmet,
die nicht genug Leben hatten, um dies zu erzählen.

Sie mögen mir verzeihen, daß ich nicht alles gesehen, nicht an alles mich erinnert, nicht alles erraten habe."

Alexander Issajewitsch Solschenizyn

Horst Bienek (1930-1990) zog nach der Vertreibung aus seiner schlesischen Heimatstadt nach Ost-Berlin, wo er 1951 in die Meisterklasse von Bertolt Brecht aufgenommen wurde. Am 8. November 1951 wurde er vom Staatssicherheitsdienst der DDR verhaftet und den sowjetischen Militärbehörden übergeben. Am 12. April 1952 wurde er wegen angeblicher „antisowjetischer Hetze“ zu 20 Jahren Lagerhaft verurteilt. Sein Mentor Brecht hatte sich nicht für Bienek eingesetzt. Er arbeitete im Bergbau im Lager Workuta. Im Oktober 1955 wurde er amnestiert und gelangte in die Bundesrepublik. Seine kurz vor seinem Tod geschriebenen Erinnerungen „Workuta“ konnten erst posthum 2013 erscheinen.

"Ich muss dem Hunger heute noch zeigen, dass ich ihm entkommen bin. Ich esse buchstäblich das Leben selbst, seit ich nicht mehr hungern muss. Ich bin eingesperrt in den Geschmack des Essens, wenn ich esse. Ich esse seit meiner Heimkehr aus dem Lager, seit sechzig Jahren, gegen das Verhungern."

Aus: Müller, Herta: Atemschaukel. München 2009.

Freya Klier (geb. 1950), DDR-Bürgerrechtlerin sowie Buch- und Filmautorin und Regisseurin, drehte 1993 den Dokumentarfilm „Verschleppt ans Ende der Welt“, dem 1996 ein Buch unter dem gleichen Titel bei Ullstein folgte. Der Untertitel des Buches „Schicksale deutscher Frauen in sowjetischen Arbeitslagern“ deutet darauf hin, dass der Großteil der vom sowjetischen Geheimdienst bei Kriegsende 1945 aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, der SBZ und aus Südosteuropa deportierten, deutschen Zivilisten Frauen waren, viele davon noch halbe Kinder.
Die Lager befanden sich vor allem in Sibirien und Zentralasien, insbesondere in Kasachstan. Der Bericht umfasst alle Stationen des Leids dieser Frauen vom Abtransport über das Lagerleben bis zur Rückkehr in ein Land, in dem über diese Schicksale geschwiegen wurde.

Herta Müller (geb. 1953) stammt aus einer Familie, die zur deutschen Minderheit in Rumänien gehörte und wuchs als Banater Schwäbin im deutschsprachigen Nitzkydorf/Nițchidorf auf. In Temeswar/Timișoara besuchte sie Gymnasium und Universität, wo sie die rumänische Sprache perfekt lernte. 1987 reiste sie nach Deutschland aus. In ihrem Roman „Atemschaukel“ (2009) thematisiert sie die Verschleppung
der etwa 70.000 Deutschen aus Rumänien im Jahr 1945 in sowjetische Straflager. In Gesprächen mit dem rumäniendeutschen und GULagüberlebenden Oskar Pastior (1927-2006) und anderen Opfern sammelte sie den Stoff, den sie in ihrem Roman verarbeitete. Für dieses Werk erhielt sie 2009 den Literaturnobelpreis.

Zeitzeugen finden künstlerische Ausdrucksweisen

Eine Form der Bewältigung von traumatischen Erfahrungen des Lebens in Lagern ist die künstlerische Umsetzung. Viele Zeichnungen und Gemälde entstanden erst Jahre nach der Entlassung, als zeitlicher und mentaler Abstand zum Erlebten die Beschäftigung damit möglich machte. Durch Befragungen veranlasst, hielten die Zeitzeugen verschiedene Situationen und Ereignisse mit dem Zeichenstift fest.

Zentrale Motive sind die Deportation, die qualvollen Arbeitsbedingungen im Lager, das Leiden und der Tod. Auffällig ist die Darstellungsweise: häufig als Simultanbild angelegt, vereinen die Bilder mehrere Erzählungen und Aktionen, vom Appell bis zur Arbeit im Untertagebau. Oft wird in Collagetechnik gearbeitet, ebenfalls eine Form der multiperspektivischen Bilderzählung. Zeichnungen der Lagerarchitektur sind meist von erstaunlicher Präzision, hier dominieren Skizzen aus der Vogelperspektive – es scheint, als wollten die Menschen Distanz gewinnen.

Aus dem Kanon der christlichen Ikonographie zeigen sich die Nahaufnahmen des Leids. Pietaähnlich werden Lagerinsassen in Trauer portraitiert, skelettierte Figuren verkörpern den allgegenwärtigen Tod. Einige Zeichnungen und Bilder sind in der Zeit der Inhaftierung entstanden. Mit geringsten Mitteln angefertigt, dienten sie der mentalen Selbstrettung, zur Dokumentation und um Mithäftlingen eine Freude zu machen oder, wenn dies gestattet war, um Angehörigen zuhause ein Lebenszeichen zu senden.

Der Künstler Sebastian Leicht (1908-2002) stellt die Kultur, Geschichte und Lebensweise der Donauschwaben ins Zentrum seiner Werke. Er kam aus einer Bauernfamilie der südosteuropäischen Region Batschka. Nach seiner Ausbildung in Belgrad und an der Kunstakademie München arbeitete er vorwiegend in Belgrad. Im Zweiten Weltkrieg war er deutscher Soldat und Kriegsberichterstatter. Nach Krieg und Vertreibung kam Leicht nach Passau, Sein Buch „Weg der Donauschwaben“ beinhaltet auch Graphiken zur Inhaftierung und zum Lagerleben.

Karl Heinz Wagner wurde 1925 in Komotau/Chomutov in Nordböhmen geboren. Schon mit 14 Jahren begann er eine Lehre als Kirchenmaler. Nach der Vertreibung seiner Familie 1946 und verschiedenen Zwischenstationen fand er in Dietzenbach bei Offenbach in Hessen eine neue Heimat. Er studierte an der Städelschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main. Er war als Reklamemaler und als Dozent an der Volkshochschule Dietzenbach tätig.
Sein künstlerisches Schaffen umfasst Zeichnungen, Aquarelle, Ölgemälde, Druckgrafik und Bildhauerarbeiten. Seine Heimat Komotau spielt in seinem Werk eine wichtige Rolle. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, wie den Landesehrenbrief, die höchste Ehrung des Landes Hessen, und die Adalbert Stifter Medaille der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

Viktor Hurr (geb. 1949) wurde in Moskau und in Taschkent (Usbekistan) zum Künstler ausgebildet und kam 1994 nach Deutschland.
Er lebt und arbeitet in Osnabrück. In seinen Arbeiten stellt er auch Deportation und das Leben in Lagern und Zwangsarbeit dar.

Michael Disterheft (1921-2005), dessen Vater 1937 bei den stalinistischen Säuberungen ermordet wurde, hat nach seiner Freilassung aus der Trudarmee eine Ausbildung zum Kunstpädagogen absolviert und
seit 1951 in Nishnij Tagil in Kultureinrichtungen und Kunstwerkstätten als anerkannter Künstler unterrichtet. Seit den 1980er Jahren war sein künstlerisches Thema die Deportation der Russlanddeutschen.
2004 wanderte er nach Deutschland aus.

Einer der prominentesten russlanddeutschen Künstler ist Günther Hummel (geb. 1927). Seinem Studium der Bildenden Künste in Baku folgten Deportation und Zwangsarbeit in den Kohlegruben bei Karaganda.
Trotz harter Arbeitsbedingungen zeichnete er auch im Lager und spielte im Lagerorchester. Nach seiner Entlassung aus der Trudarmee begann sein Aufstieg zu einem erfolgreichsten Künstler Kasachstans. Er war Kulturbeauftragter für Malerei und Musik in Karaganda, Mitglied des sowjetischen Künstlerverbandes und erhielt 1981 die Auszeichnung „Verdienter Künstler Kasachstans“.
Seine Bildhauerarbeiten, Gemälde und Zeichnungen befinden sich in Museen und auf öffentlichen Plätzen. 1991 kam Günther Hummel mit seiner Familie als Spätaussiedler nach Deutschland und setzte sein Schaffen fort. Seit 1994 ist er Mitglied im Arbeitskreis Russlanddeutscher Künstler. Seine Geschichte verarbeitete er in seinem Buch „Schicksal in Bildern“.